Älteste und Gemeinde

Wo Menschen zusammen kommen, kristallisiert sich irgendwann der “Platzhirsch” heraus (manchmal ist es auch ein “Platzreh”). Das ist logisch und oft auch vernünftig. Wo ein gemeinsames Ziel verfolgt wird, muss irgendjemand sagen, wo es lang gehen soll.

Das ist in einer Gemeinde nicht anders. Für sie gelten allerdings die ältesten Regeln, die für eine Gruppe jemals bestimmt wurden. Eine Gemeinde besteht aus den Mitgliedern, Diakonen und Ältesten. Die wichtigste Person, die in einer Gemeinde vorkommt ist natürlich Jesus Christus selbst. Die christlichen Gemeinden sind Seine Braut (2. Korinther 11,2), Sein Eigentum (Epheser 5,23), Sein Leib (1. Korinther 12,12-30). Dabei gibt es keine wirkliche menschliche Leitung. Der einzige, der der Gemeinde vorsteht, ist Christus selbst. Ein wichtiger Hinweis: Die Gemeindeleitung, Älteste – oder wie auch immer sie genannt werden – sind nicht “Stellvertreter Christi auf Erden” mit papstähnlichem, unangreifbarem Status. Sie sind Teil der Gemeinde wie jedes “normale” Mitglied. Dabei nehmen sie besondere Aufgaben wahr und stehen der Gemeinde vor. Das ist aber Dienst und nicht Herrschaft (Matthäus 20,25-27; 1. Petrus 4,10), denn sie dienen zuerst Christus, dann aber auch der Gemeinde.

33 Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens, wie in allen Gemeinden der Heiligen.
40 Lasst alles anständig und ordentlich zugehen!

1. Korinther 14, 33+40

Das Neue Testament wurde im ersten Jahrhundert geschrieben – zu einer Zeit, als die christlichen Gemeinden erst entstanden. Der Apostel Paulus war in vielen Gemeinden die treibende Kraft. Er gründete Gemeinden, lehrte sie einige Zeit und setzte Älteste ein. Als Apostel hatte er die Vollmacht, Älteste zu bestimmen und einzusetzen. Weil es heute keine Apostel mehr gibt, müssen wir aus der Bibel herausfinden, welche Aufgaben und Fähigkeiten Älteste haben müssen und wie sie berufen werden.

Wer darf Ältester sein?

2 Nun muss aber ein Aufseher untadelig sein, Mann einer Frau, nüchtern, besonnen, anständig, gastfreundlich, fähig zu lehren;
3 nicht der Trunkenheit ergeben, nicht gewalttätig, nicht nach schändlichem Gewinn strebend, sondern gütig, nicht streitsüchtig, nicht geldgierig;
4 einer, der seinem eigenen Haus gut vorsteht und die Kinder in Unterordnung hält mit aller Ehrbarkeit

1. Timotheus 3,2+3

Hier werden einige wichtige Kriterien genannt, die ein Ältester erfüllen muss. Ein Ältester wird anhand der Vergangenheit beurteilt: Wie hat er sich bisher verhalten? Wie geht er mit seiner Familie und seinen Freunden, Arbeitskollegen und Nachbarn um? Was noch auffällt: Ein Ältester ist ein Mann. Frauen scheiden aus. Das liegt daran, dass Gott die Frauen den Männern untergeordnet hat. Der Mann soll seine Frau lieben, versorgen und beschützen. Lehren oder Leiten steht Frauen nicht zu (1. Timotheus 2,12), außer bei Kindern oder anderen Frauen. Ich sage dazu: Frauen sind die schönsten Geschöpfe, die Gott geschaffen hat – aber sie sind keine Führungspersönlichkeiten.

Die Berufung von Ältesten

Jetzt wird es schwierig. Es gibt kein Patentrezept, wie Älteste berufen werden. Nirgendwo wird in der Bibel die Berufung nach dem Motto beschrieben: “So wird’s gemacht”. In jedem Fall wird aber die Gemeinde zur Suche nach geeigneten Ältesten eingebunden. Es gibt keinen elitären Kreis, der die Ältesten bestimmt. Auch die Ältesten selbst haben nicht die Kompetenz, andere Älteste zu berufen. Das kann nur aus der Gemeinde heraus geschehen. Es muss eine “Gewaltenteilung” geben, wie wir sie auch in der deutschen Demokratie kennen. Älteste brauchen ein Korrektiv, um erkennen zu können, ob sie noch auf dem richtigen Weg sind. Auch aus der Bibel selbst heraus können wir nicht erkennen, dass Älteste andere Älteste berufen haben. Die einzigen Einzelpersonen, die Älteste einsetzen durften, waren Apostel. Eine Ausnahme war Titus, dazu komme ich später noch einmal.

1 Glaubwürdig ist das Wort: Wer nach einem Aufseherdienst trachtet, der begehrt eine vortreffliche Tätigkeit.

1. Timotheus 3,1

In allen Fällen müssen wir aber beachten, dass der eigentlich Berufende von Ältesten der Heilige Geist ist. Er vergibt die Gaben (1. Korinther 12,5-11), wie Er es für richtig hält. Er beruft die Ältesten, indem Er ihnen die Fähigkeit zum Amt gibt und der Gemeinde den richtigen Ältesten zeigt, den Er berufen will. Das kann natürlich nur funktionieren, wenn der Älteste selbst wie auch die Gemeinde sich vom Heiligen Geist leiten lassen. Sonst ähnelt die Suche nach einem Ältesten einer politischen Wahl, in der der Älteste die tollsten Versprechen macht und die Gemeinde nach Sympathie entscheidet, statt über den Glauben des Ältesten urteilt.

23 Nachdem sie (=Paulus und Barnabas) ihnen aber in jeder Gemeinde Älteste bestimmt hatten, befahlen sie sie unter Gebet und Fasten dem Herrn an, an den sie gläubig geworden waren.

Apostelgeschichte 14,23

Hier haben wir eine Ausnahme: Paulus und Barnabas setzen Älteste ein. Wie das genau geschah, wird uns nicht erzählt. Die beschriebenen Gemeinden wurden von ihnen gegründet und die Mitglieder hatten sich durch sie bekehrt. Sie kannten also die Gemeinden und wussten deshalb, wer die Eignung zum Ältesten mitbringt. Dabei müssen wir eines beachten: Paulus hatte als Apostel die Vollmacht, Älteste einzusetzen. Weil es die Apostel heute nicht mehr gibt, müssen wir andere Wege finden, um Äĺteste zu bestimmen. Niemand kann sich die Vollmacht eines Apostels anmaßen.

Es wird zwar nicht beschrieben, aber wir können wohl davon ausgehen, dass die Apostel die Gemeinde befragt haben. Das ist logisch, weil ein Ältester die Rückendeckung der Gemeinde haben muss. Paulus hätte also niemanden zum Ältesten berufen, den die Gemeinde ablehnt.

Die ausführlichste Beschreibung finden wir in der Apostelgeschichte bei der Suche nach Diakonen:

3 Darum, ihr Brüder, seht euch nach sieben Männern aus eurer Mitte um, die ein gutes Zeugnis haben und voll Heiligen Geistes und Weisheit sind; die wollen wir für diesen Dienst einsetzen,

Apostelgeschichte 6,3

Die Gemeinde wird in die Berufung der Diakone einbezogen. Sie soll aus ihrer Mitte die geeigneten Männer bestimmen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Berufung von Ältesten anders verlaufen ist.

5 Ich habe dich zu dem Zweck in Kreta zurückgelassen, damit du das, was noch mangelt, in Ordnung bringst und in jeder Stadt Älteste einsetzt, so wie ich dir die Anweisung gegeben habe

Titus 1,5

Auch Titus hat Älteste eingesetzt. Er ist bestimmt in eine Gemeinde gegangen, hat einige Männer herausgenommen, sie vor die Gemeinde gestellt und gesagt: “Das sind eure Älteste!” Glaubt das irgend jemand? Mit Sicherheit nicht. Ich bin mir also sicher, dass Titus erst die Gemeinde kennenlernen musste, um festzustellen, wer als Ältester in Frage kommt. Seine Vollmacht zur Berufung konnte er durch den Brief von Paulus beweisen.

3 Da fasteten und beteten sie, legten ihnen die Hände auf und ließen sie ziehen.

Apostelgeschichte 13,3

Die Ältesten wurden bestimmt. Nun beginnt ihr Dienst aber nicht einfach so mit einem Glückwunsch und vielleicht einem Blumenstrauß. Nein, zur Berufung von Ältesten muss natürlich der Heilige Geist um Hilfe gebeten werden. Das geschieht durch Handauflegen und Gebet. Damit beginnt ihr Dienst.

Nirgendwo wird in der Bibel die Berufung von Ältesten als ein Prozess beschrieben, der hinter verschlossenen Türen stattfindet. In jeder Phase der Ältestenberufung ist die Gemeinde beteiligt. Sie muss die Ältesten selbstverständlich unterstützen. Dazu muss – wie ich das bereits geschrieben habe – der Älteste von der Gemeinde Rückendeckung haben.

Aufgaben der Ältesten

1 Die Ältesten, die unter euch sind, ermahne ich als Mitältester und Zeuge der Leiden des Christus, aber auch als Teilhaber der Herrlichkeit, die geoffenbart werden soll:
2 Hütet die Herde Gottes bei euch, indem ihr nicht gezwungen, sondern freiwillig Aufsicht übt, nicht nach schändlichem Gewinn strebend, sondern mit Hingabe,
3 nicht als solche, die über die Gemeinden herrschen, sondern als Vorbilder der Herde.

1. Petrus 5,1+3

Die Ältesten sind Hirten der Gemeinde. Wie ein Schafhirte seine Herde beschützt und versorgt, müssen auch die Ältesten die Gemeinde vor Irrlehren beschützen und mit dem Wort Gottes versorgen. Damit gehört die Predigt zu den Aufgaben der Ältesten. Ein Ältester sollte also auch predigen können. Wenn nicht, sollte er die Fähigkeit für andere Aufgaben haben. Das Vorbild eines guten Hirten ist Jesus Christus selbst (Johannes 10,11). Wie Jesus für die Gemeinde der gute Hirte ist, müssen auch die Ältesten gute Hirten für die Gemeinde sein.

14 Wir ermahnen euch aber, Brüder: Verwarnt die Unordentlichen, tröstet die Kleinmütigen, nehmt euch der Schwachen an, seid langmütig gegen jedermann!

1. Thessalonicher 5,14

Die Ältesten sind die “gute Seele” der Gemeinde. Sie ermahnen, trösten und ermutigen, wo es erforderlich ist. Sie müssen jedes einzelne Mitglied der Gemeinde im Blick haben, jedes Mitglied kennen und es dazu ermutigen, ein wichtiger Teil der Gemeinde zu werden und zu sein. Dazu müssen sie auch die Fähigkeiten und Gaben des Mitglieds kennen, um die richtigen Aufgaben zu finden.

9 (Der Älteste ist) einer, der sich an das zuverlässige Wort hält, wie es der Lehre entspricht, damit er imstande ist, sowohl mit der gesunden Lehre zu ermahnen als auch die Widersprechenden zu überführen.

Titus 1,9

Sie müssen dem Widersprechenden anhand der Bibel entgegentreten und ihn von seiner Irrlehre überführen. Dazu muss ein Ältester natürlich seine Bibel sehr genau kennen. Das Bibelstudium ist deshalb ein wichtiger Teil seines Dienstes.

Ein Hinweis an die Gemeinde

Noch ein wichtiger Punkt: Älteste führen die Gemeinde und treffen auch Entscheidung. Immer wieder wird es Gemeindemitglieder geben, die die Ältesten angreifen. Älteste stehen deshalb im Kreuzfeuer der Gemeinde. Auch dazu hat die Bibel etwas zu sagen:

19 Gegen einen Ältesten nimm keine Klage an, außer aufgrund von zwei oder drei Zeugen.

1. Timotheus 5,19

Ja, auch ein Ältester kann mal Fehler machen. Auch er ist nicht perfekt. Wenn ihm solche Dinge passieren, muss auch die Gemeinde etwas dazu sagen dürfen. Dazu sind aber zwei oder drei Zeugen erforderlich. Das entspricht übrigens dem Gebot Gottes (5. Mose 19,15), das Er bei Streitfällen gegeben hat.

Die Kehrseite der Medaille ist ein Ältester, der einen guten Dienst in der Gemeinde versieht. Hier ist es wichtig, dass die Gemeinde nicht als “normal” hinnimmt, sondern ihm das auch entsprechend signalisiert:

17 Die Ältesten, die gut vorstehen, sollen doppelter Ehre wertgeachtet werden, besonders die, welche im Wort und in der Lehre arbeiten.

1. Timotheus 5,17

Die Gemeinde soll einen Ältesten, der sich vorbildlich verhält, auch entsprechend wertschätzen und unterstützen.

Fazit

Älteste sind ein Teil der Gemeinde. Sie stehen nicht außerhalb und nicht über ihr. Im Gegenteil: Sie dienen der Gemeinde. Nirgendwo wird in der Bibel berichtet, dass Älteste sich Rechte angemaßt hätten, die ihnen nicht zustehen. Im Gegenteil: Die Kirchengeschichte zeigt, dass in Zeiten der Verfolgung die Ältesten die ersten sind, die leiden müssen. Ein Beispiel von vielen ist Polykarp von Smyrna, der übrigens vom Apostel Johannes in seinen Dienst eingeführt wurde. Ist sein Märtyrertod vielleicht der Inhalt des Sendschreibens an die Gemeinde Smyrna, die als eine von zwei Gemeinden nur Lob erhält (Offenbarung 2,8-11)?

Mit guten Ältesten kann eine Gemeinde ein wertvolles Glied im Leib Christi sein (1. Korinther 12,12-30). Dazu gehört auch, dass solche Gemeinden im Umfeld entsprechend beachtet und gewürdigt werden. Nicht nur die Mitglieder sind das Licht der Welt (Matthäus 5,14). Auch die Gemeinde als Ganzes kann es sein.


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